- Jasmin Véron
Welpenratgeber "von Anfang an"- Teil 3: Entwicklungsphasen des Hundes
In diesem Blog könnt ihr mich auf dem Weg mit meinem Welpen begleiten.
Ich gebe euch Tipps rundum die Auswahl des richtigen Welpen,
wie ich mich vorbereitet habe und zeige euch,
wie mein Welpe bei mir aufwächst.
Außerdem berichte ich von den Erfahrungen und häufigen Fehlern der Welpenhalter,
die zu mir ins Training kommen.

In diesem Beitrag erkläre ich dir die Entwicklungsphasen eines Welpen bzw. Junghundes.
Es ist wichtig für dich zu wissen, in welchem Entwicklungs- bzw Sozialisierungsabschnitt sich dein Welpe gerade befindet.
Es hilft dir nämlich zu verstehen, warum sich dein Welpe wie benimmt und worauf du in den verschiedenen Phasen achten musst.
Hundehalter wissen oft nicht, wann Hunde in den Zahnwechsel kommen,
bis wann der Hund denn eigentlich als Welpe gilt und ab wann als Junghund
oder wie lange eigentlich die Sozialiserungsphasen dauern.
Ich freue mich, wenn nützliche Tipps für dich dabei sind,
und wünsche dir viel Spaß beim Lesen!
Die Entwicklungsphasen des Hundes
Es gibt unterschiedliche Modelle zu den Entwicklungsphasen des Hundes.
Ich habe das Modell der Vetmed Universität Wien übernommen:

Die Zeit beim Züchter
Auf die Zeit beim Züchter haben wir als Hundehalter keinen Einfluss.
Die Sozialisierung auf die Umwelt beginnt, sobald die Sinne der Welpen fertig entwickelt sind, also mit circa drei Wochen.
Ab diesem Alter beginnen die Welpen ihre Umwelt zu erkunden,
sind neugierig und zeigen bereits Spielverhalten.
Ein guter Züchter bietet den Welpen die Möglichkeit, Erkundungsverhalten zu zeigen (Spielsachen, Plastikflaschen, Kartons etc.).
Von der Hundemutter lernen die Welpen die Kommunikationssignale
(Ohren- und Rutenhaltung, Lautsignale und mehr) und wenden diese an den Wurfgeschwistern auch schon an.
Mit circa 8-9 Wochen ist der ideale Zeitpunkt, ins neue Zuhause zu ziehen.
Die Stresstoleranz in dieser Zeit ist noch relativ hoch.
Eine Abgabe mit 12 Wochen oder später bringt keinen Vorteil für den Welpen.

Sozialisierung auf Artgenossen
Die Sozialisierungsphase endet mit circa 14-16 Wochen.
Die Kommunikation haben die Welpen von der Hundemutter gelernt und an den Geschwistern bereits ausprobiert.
Nun sollten sie aber kennenlernen, dass es viele verschiedene Hunde gibt und jede Rasse ein bisschen anders kommuniziert.
Ein Hund mit Stehohren kommuniziert ganz anders als ein Hund mit Hängeohren,
ein Hund mit Rute anders als einer ohne Rute und ein Langhaarhund schaut ganz anders aus als ein Glatthaarhund.
Der Welpe sollte also weiterhin Kontakt zu anderen Hunden haben und diese entspannt kennenlernen dürfen.
Ein Besuch an einem guten Welpenkurs ist deshalb empfehlenswert.
Dabei ist aber unbedingt darauf zu achten, dass der Welpe sich wohlfühlt und keine Angst vor anderen Hunden entwickelt.
Wie du eine gute Welpengruppe erkennst:
In einer Welpengruppe dürfen ausschließlich Welpen (bis zu 16 Wochen) teilnehmen. Ältere Hunde (vor allem Junghunde) müssen unbedingt von den kleinen Welpen getrennt werden, warum erkläre ich weiter unten.
Ein souveräner erwachsener Hund (mindestens 3 Jahre alt) kann Ruhe und Ordnung in eine Welpengruppe bringen.
In einer Welpengruppe sollten maximal 5 Hunde teilnehmen. Je mehr Hunde in einer Gruppe sind, desto aufgeregter sind sie und der Welpe verknüpft andere Hunde eher mit Stress und unruhigem Verhalten.
Reine Spielgruppen sind nicht empfehlenswert. Spiel unter Welpen sollte nur wenige Minuten dauern. Länger kann sich ein Welpe nicht konzentrieren und das Spiel wird zum Stressakt.
In einer Welpengruppe sollten Ausflüge gemacht werden, damit die Welpen Alltagssituationen kennenlernen. Sozialisierung auf die Umwelt ist wichtig.
Keine Welpengruppe ist besser als eine schlechte Welpengruppe.

Sozialisierung auf die Umwelt
Die Sozialisierungsphase endet mit circa 14-16 Wochen.
Wenn der Welpe sehr reizarm aufwächst, verlängert sich dieses Zeitfenster ein bisschen.
In dieser Zeit lernt der Welpe sein Bild der Welt.
Alles was er in dieser Zeit (positiv) kennenlernt, stuft der Welpe als gewöhnlich und normal ein.
Dinge, die er nicht kennenlernt, lösen im späteren Leben eher Angst oder Unsicherheit aus.
Es gibt sehr viele Reize im Alltag, auf die ein Welpe sozialisiert werden sollte:
Autos, LKWs, Landmaschinen, Fahrräder, Skateboards, Rollstuhl, Krücken,
Menschen mit unterschiedlicher Kleidung, Kinder, Männer mit tiefer Stimme, Kühe, Pferde, Wildtiere, verschiedene Untergründe (Gitter, glatter Boden, Holz), uvm.
Der Welpe darf dabei aber nicht überfordert werden, er sollte all diese Dinge entspannt und ohne unangenehme Emotionen kennenlernen.
Nach jeder Aufregung und jedem Ausflug braucht der Welpe anschließend genügend Ruhezeit, damit er die Eindrücke im Schlaf verarbeiten kann.
Manchen Hunden (vor allem Arbeitshunden) muss man beim Schlafen helfen.
Am besten schläft dein Welpe mit Körperkontakt zu dir.
Ein Hund braucht mindestens 17 von 24 Stunden Schlaf. Welpen sogar noch mehr.
Überlege dir, was du mit deinem Hund im späteren Leben machen möchtest (Wandern, durch die Stadt spazieren, Radfahren, Reitbegleitung)
und sozialisiere ihn auf für dich wichtige Umweltsituationen.
Am besten ist, du erstellst eine Liste aller Dinge, die dein Welpe kennenlernen soll, damit du einen Überblick hast.

Angstphasen
Es gibt immer mehr Untersuchungen zu den Angstphasen bei jungen Hunden.
Eine Angstphase findet auf jeden Fall zwischen der 8. und 12. Lebenswoche statt. Weitere Angstphasen gibt es im Alter zwischen 4 und 10 Monaten.
Das ist individuell und bei jedem Hund unterschiedlich.
Eine Angstphase bemerkst du daran, dass dein Hund leichter erschrickt oder vermehrt die Umwelt scannt.
Scannen heißt, dein Hund kreist seinen Blick durch die Umgebung,
er schaut in die Ferne, ob da irgendwo eine Gefahr lauert.
Manche Hunde frieren dabei auch ein.
Eine Angstphase dauert circa eine Woche.
Ein Hund muss in einer Angstphase nicht bemitleidet und übertreiben behütet werden.
Er darf aber keine unangenehmen Erfahrungen machen, diese würde er nachhaltig abspeichern.
Sollte dein Welpe oder später Junghund doch eine schlechte Erfahrung machen (Kontakt mit Stromzaun, unfreundlicher Kontakt zu anderen Hunden o.ä.), bleibe in genau dieser Situation bis dein Hund wieder entspannt ist!
Streichel und füttere deinen Hund, damit er sich schneller beruhigt und die Situation am Ende doch positiv in Erinnerung behält!
Man weiß leider noch nicht viel über diese Angstphasen. Im ersten Lebensjahr sollte dein Hund auf jeden Fall keine schlechten Erfahrungen machen oder diese sollten sofort wieder gelöst werden.
Angstprobleme entstehen häufig durch schlechte Erfahrungen im Junghundealter.

Ende der Welpenzeit
Mit 16 Wochen endet die Welpenzeit, ab jetzt hast du einen Junghund.
Ab der 16. Woche verliert der junge Hund seine ersten Milchzähne.
Der Zahnwechsel ist für Hunde schmerzhaft, das Zahnfleisch ist oft gerötet und erhitzt.
Viele Hunde beißen vermehrt in Spielsachen, Leine oder andere Gegenstände.
Auch der Appetit geht oft zurück, denn das Futter wird mit Schmerzen an den Zähnen verknüpft.
Ich empfehle Nassfutter zu füttern, das verursacht weniger Schmerzen.
Du kannst auch Nassfutter mit Joghurt vermischen, einen Kong oder anderes Spielzeug damit befüllen, das Ganze einfrieren und dann dem Hund zum Schlecken geben.
Auch ein gefrorenes Spielseil beruhigt das empfindliche Zahnfleisch ein wenig.
Mit dem Zahnwechsel beginnt auch das Gehirn sich umzubauen.
Aus dem Welpengehirn wird langsam ein Erwachsenengehirn.
Es können bereits erste Geschlechtshormone ausgeschüttet werden und auch die Stressanfälligkeit erhöht sich.
Im Spiel zeigen die Junghunde ab der 16. Lebenswoche zum ersten Mal rassetypisches Verhalten.
Ein Border Collie beginnt spielerisch zu hüten,
ein Vizsla zu belauern
und eine Bulldogge spielt körperbetont und rempelt.
Das ist auch der Grund, warum Junghunde ab der 16. Woche nicht mehr mit den kleinen Welpen zusammen sein dürfen.
Der kleine Welpe möchte seine Kommunikation ausprobieren und ist noch sehr vorsichtig und oft schüchtern. Wenn dann ein übermütiger Hütehund sein Hüteverhalten am Welpen ausprobiert, fürchtet sich der Kleine und wird Artgenossen mit Angst verknüpfen.

Jugendentwicklung und Pubertät
Die Zeit zwischen dem Zahnwechsel und der Pubertät wird auch Jugendentwicklung genannt. Ab wann die Pubertät beginnt, ist bei jedem Hund unterschiedlich.
Es gibt Hündinnen, die schon mit 6 Monaten läufig sind und manche sind es erst mit 15 Monaten.
Die Pubertät beginnt, wenn zum ersten Mal Geschlechtshormone produziert werden und endet, wenn der Hund geschlechtsreif ist.
Bei der Hündin ist das die Läufigkeit, beim Rüden, wenn die Hoden fertig entwickelt und zeugungsfähig sind.
Die Zeit nach der Pubertät wird Adoleszenz oder umgangssprachlich Flegeljahre genannt. In dieser Zeit sammeln Hunde Erfahrungen und testen alle möglichen Situationen aus.
Die Adoleszenz kann bei manchen Hunden ziemlich anstrengend sein.
Mit circa 3 Jahren erlangt ein Hund die soziale Reife und gilt als erwachsen.
Ein davor schon kastrierter Hund braucht länger, um die soziale Reife zu erreichen.
Der Begriff der Pubertät wird oft falsch verwendet.
Die Pubertät ist nur der Eintritt in die Geschlechtsreife.
Eine Hündin, die schon einmal läufig war, ist nicht mehr pubertär.
Ein Hund, der mit vier Monaten schon kastriert wurde, kommt gar nicht in die Pubertät. Wie denn auch, wenn die entsprechenden Organe fehlen?
Nicht jedes ungezogene oder unerwünschte Verhalten ist der Pubertät und den Geschlechtshormonen zu verschulden.

Junghunde und Kastration
Die hormonellen Veränderungen bei jungen Säugetieren sind sehr kompliziert und betreffen nicht nur die Geschlechtshormone.
Das würde hier aber den Rahmen sprengen.
Trotzdem möchte ich kurz auf das Thema Kastration eingehen.
Kastriere deinen Hund, wenn überhaupt, erst mit 3 Jahren
(außer es liegt ein medizinischer Grund vor)!
Andernfalls störst du die Entwicklung des Hundes (Verhalten und körperliche Gesundheit) gewaltig.
Die Geschlechtshormone haben nicht nur die Funktion der Fortpflanzung.
Das Östrogen oder Testosteron übernimmt viele Funktionen in der Stressverarbeitung, der Verdauung und dem Stoffwechsel (Schilddrüse).
Der Körper ist ein Kreislaufsystem, wenn man ein Glied wegnimmt,
bringt man alles durcheinander.
Mittlerweile ist sogar belegt, dass eine Kastration die Krebsanfälligkeit vieler Organe erhöht (Milz, Schilddrüse, Darm).
Das Argument, eine Hündin durch Kastration vor Gebärmutterkrebs zu schützen,
ist also nicht überzeugend.
Wenn ein Mensch aus gesundheitlichen Gründen seine Geschlechtsorgane verliert, braucht er danach eine Hormontherapie.
Der Mensch käme ohne diese Hormone nicht mehr klar.
Das Hormongeschehen ist bei den anderen Säugetieren nahezu gleich wie beim Menschen.
Beim Hund ist es aber etwas Alltägliches und normal, diese Organe ohne weitere Maßnahmen einfach zu entfernen.
Zum Glück ändert sich das aber immer mehr.
Es gibt wenige Fälle, in denen eine Kastration das Einzige ist, was Hilfe bringt.
Ich kenne einen jungen Rüden, der Tür an Tür mit zwei intakten Hündinnen lebt.
Die Hündinnen werden beide regelmäßig läufig.
Für den Rüden war das ein riesiger Stressakt, er konnte nicht mehr schlafen und hatte keinen Appetit mehr.
In diesem Fall war eine Kastration die beste Lösung.

Ich freu mich, wenn dir der Beitrag gefallen hat und du etwas lernen konntest.
Ein Welpe und Junghund ist eine große Aufgabe, mit dem richtigen Know-How wird dir vieles leichter fallen.
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